Ein Selfie mit einem Nashorn? -weekly blog 02

In den letzten Wochen durfte ich zwei verschiedene Seiten Sambias kennenlernen. Mir ist es wichtig, dass besonders wir Europäer dieses Land nicht auf nur eine seiner Eigenschaften reduzieren und diese somit verallgemeinern. Sambia ist nicht DAS Land, indem es keine Elektrizität und kein fließendes Wasser gibt, indem alle Menschen von ihrem eigenen Obst- und Gemüseanbau leben oder Krankheiten den Alltag bestimmen. Genauso wenig ist Sambia aber DIE Touristenattraktion, dessen ganze Wirtschaft auf die Besucher aus anderen Ländern angewiesen ist und die ausschließlich auf Amüsement und Entertainment der Urlauber hinarbeitet. Sambia hat viele Gesichter, keines davon mehr oder weniger wichtig, denn nur zusammen bilden sie das Wesen des Landes. In den nächsten Wochen werde ich viele dieser Gesichter kennenlernen und Euch meine Erfahrungen vorstellen. Aber auch ein ganzes Auslandsjahr voller Erfahrungen kann das Wesen Sambias nicht klar abstecken und definieren. Deshalb möchte ich Euch darum bitten, eine gewisse Offenheit und vorurteilsfreie Neugier den Menschen hier und ihrem Land gegenüber zu behalten, denn dies ist auch eine Form von Respekt. 

Genug der Ansprache, ich denke Ihr versteht was ich damit meine.

Meine Woche wurde von zwei sehr gegensätzlichen Eindrücken geprägt, die mich beide auf ihre Art und Weise begeistert haben:

Die „Village Experience“. Nein, die „Village Experience“ ist keine neue Erfindung des Reality-TVs, inspiriert von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“, auch wenn es sich im ersten Moment ein wenig so anhört ;). Ein „Village“ ist in der sambischen Definition ein kleines Dorf mit meist nur wenigen Hütten, welches sich abseits der Stadt befindet. Dort wohnen die Menschen hauptsächlich ohne Elektrizität oder andere Vorteile des Stadtlebens. Möchte man in einem solchen Village sein Handy aufladen (und ja, keine Elektrizität heißt nicht keine Handys), benutzt man kleine Solaranlagen. Viele Sambier*innen haben die Vorteile der Solarenergie für sich entdeckt und werden zum Wohle des Umweltschutzes auch von der Regierung dazu ermutigt diese zu nutzen. Langfristig ist die Sonnenenergie deutlich günstiger, als der Strom aus den Stromleitungen.

Die Village Experience ist also, wie der Name schon sagt, ein Programm, welches mir einen Einblick in das Leben der Menschen in den Villages verschafft. Es ist Teil meiner Orientierungsphase und im Programm des ewe schon lange verankert. Damals verbrachten die Freiwilligen noch eine Nacht in einer dieser Farmen, heute wird aus Sicherheitsgründen davon abgesehen. Den Eindruck sollen die Volontäre jedoch nicht missen, weshalb auch ich die Möglichkeit bekommen habe eine Familie dort zu besuchen. Zusammen mit den beiden Schwestern (wer nicht weiß von wem ich rede hat wohl den ersten Blog überlesen ;)), wurde ich in einer unglaublich lieben Familie willkommen geheißen, welche bereit war, uns einen Teil ihres Alltages zu zeigen. Was mich besonders berührt hat: Der Vater der Familie hat mich nicht als einen Besucher, sondern als eine Tochter in seinem Haus begrüßt. Wörtlich sagte er: „you left your parents, your grandparents and your siblings in another country that is far away from here. But you are always welcome to be a part of my family“. Mit diesen Worten, und obwohl mich der Mann erst seit fünf Minuten kannte, wurde ich dann als Teil der Familie eingeladen, das Grab eines verstorbenen Familienmitglieds zu besuchen.

Anschließend wurde mir gezeigt, wie sie ihr Gas für die Küche selbst herstellen. Den genauen Prozess habe ich nicht ganz verstanden, aber es hatte irgendetwas mit Fäkalien zu tun. Die alt angesessenen Bauern unter Euch wissen bestimmt, wie das ganze genau abläuft. Besonders beeindruckt hat mich dabei, das der Hauptprozess zur Gasherstellung scheinbar unterirdisch stattfindet. Das Bemerkenswerte: Alles was ich auf dieser Farm gesehen habe, wurde von den Menschen dort selbst errichtet. Das nenne ich mal einen Selbstversorgerhaushalt. Alles, was die Familie benötigt, ist im Prinzip durch eigene Arbeit auf dieser Farm erbaut oder angepflanzt worden. Davor habe ich sehr großen Respekt. Das Wasser bezieht die Familie aus einem Brunnen auf dem Grundstück. Kann ja gar nicht so schwer sein das Wasser irgendwie hochzuholen, richtig? Tja haha, das dachte ich auch. Den Eimer runterfallen zu lassen, ohne, dass sich das Seil verheddert, war relativ einfach. Obwohl ich da schon dachte ich hätte etwas Außerordentliches geleistet :). Aber zu sehen, wie schwer dieser volle Eimer Wasser werden kann, wenn man ihn erstmal 15 Meter nach oben kurbeln muss, hat die Euphorie über meine Eimer-fall-Künste dann doch etwas geschmälert.

Damit es für diesen Blog hier aber trotzdem so aussieht, als würde ich harte körperliche Arbeit gewohnt sein, sehen Sie rechts auf dem Foto, wie ich so tue, als würde ich Mais mahlen:

Das blau-weiße Tuch, welches ich dort trage, ist übrigens ein traditionelles Kleidungsstück und nennt sich Chitenge. Es wird im Alltag verwendet, damit die Kleidung darunter nicht dreckig wird. Letzte Woche habe ich mein erstes Chitenge geschenkt bekommen. Mir wurde gesagt, Farbkombination dürfe ich gerne noch üben, aber hier ein Foto mit meiner neusten Errungenschaft:

Livingstone. Viel Kontrastreicher hätte meine Woche nicht sein können, denn von Donnerstag bis Samstag sind Sister Chrisencia und ich nach Livingstone gefahren, einer der touristenreichsten Städte Sambias. Der Grund für die Beliebtheit: die berühmten Victoria Falls. Ihr indigener Name lautet Mosi-oa-Tunya, übersetzt „the smoke that thunders“ oder „der donnernde Rauch“. Nicht nur die Victoria Falls waren dabei Teil unseres Ausfluges, sondern auch eine Safari durch den kleinsten Nationalpark Sambias. Den Tag beendeten wir dann mit einem Abendessen im Restaurant.

Was Livingstone betrifft sprechen Fotos glaube ich mehr als tausend Worte, als seht selbst:

Sambesi River
Der Sambesi River mündet in die Victoria Falls
Um Juli herum befindet sich deutlich mehr Wasser im Sambesi.
Die Tiere des Nationalparks bewegen sich frei und kommen manchmal sogar in die Stadt. Besonders die Elefanten richten dort viel Schaden an
Und der Moment auf den wir alle gewartet haben: Mein Selfie mit einem Nashorn (Nicht gefotoshopt). Da ich aber nicht lebensmüde bin, wurden wir von Soldaten begleitet, die für unsere Sicherheit gesorgt haben. Und natürlich für die Sicherheit der Nashörner, denn ihr Elfenbein ist bei Wilderern heiß begehrt. Da ich und das Nashorn aber beide lebendig aus unserer Begegnung herauskamen, ist dieses Foto ein ganz besonderes Andenken an unsere Zeit in Livingstone:

Wie geht es nun weiter?

Seit gestern lebe ich in meiner Gastfamilie in Choma. Ich bin unglaublich glücklich Teil dieser Familie sein zu dürfen, denn meine Gasteltern sind wirklich herzensgute Menschen. Die beiden sind ein älteres Ehepaar und ich liebe die Art und Weise, wie sie miteinander und natürlich auch mit mir umgehen. Ich habe hier ein eigenes Zimmer und sogar ein eigenes Bad, welches ich für mich in Anspruch nehmen kann.

In voraussichtlich einer Woche werde ich dann meine Arbeit in einer sozialen Einrichtung beginnen. Welche genau dies sein wird verrate ich erst, wenn alles abgeklärt ist.